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Paruresis: Die psychisch bedingte Entleerungsstörung

2,7 Prozent aller Männer leiden an Paruresis. Sie haben Angst in Gegenwart anderer zu urinieren.

öffentliche Toilette

Rund eine Million Männer in Deutschland können nach Schätzungen auf öffentlichen Toiletten kein Wasser lassen. Sie leiden an Paruresis, einer spezifischen Angststörung, die den sozialen Phobien zugerechnet wird und allgemein als Männerkrankheit gilt. Solche Situationen sind dadurch gekennzeichnet, dass man sich meist durch die Anwesenheit anderer Personen oder aufgrund von Zeitdruck gestört fühlt. Paruresis betrifft vornehmlich Männer auf öffentlichen Pissoirs. Aber auch zunehmend Frauen sind unter diesem Problem betroffen, die außerhalb der eigenen Wohnung für den Stuhlgang nicht auf die öffentliche Toilette gehen können.

Paruresis hat nichts mit Ekel vor öffentlichen Toiletten zu tun. Die Angst, in Gegenwart anderer zu urinieren, ist eine psychische Erkrankung, die sich durch ausgeprägtes Vermeidungsverhalten auszeichnet und die Betroffenen stark beeinträchtigt. Entgegen mancher Vorurteile hat Paruresis keine Auswirkungen auf die Sexualität.

Paruretiker fühlen sich durch die mögliche Gegenwart anderer in ihrer Privatheit bedroht und fürchten sich vor negativer Bewertung. Die Angst beim Gang auf eine öffentliche Toilette versetzt ihren Körper in Alarmbereitschaft. Das sogenannte sympathische Nervensystem wird aktiviert, die Blasenringmuskeln ziehen sich zusammen – trotz Harndrang kann die Blase nicht entleert werden. Pressen hilft nicht, da es die Kontraktion der Muskeln nur verstärkt. Gedanken, wie "Alle werden sich fragen, warum ich so lange brauche", erzeugen zusätzlichen Stress und bedeuten das endgültige Aus für den Harnfluss. Das Vermeiden solch angstauslösender Situationen kann je nach Schwere der Erkrankung die gesamte Lebensplanung bestimmen, also die Freizeitgestaltung ebenso wie die Wahl des Arbeitsplatzes.

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Um außerhalb der eigenen vier Wände kein Wasser lassen zu müssen, trinken Paruretiker häufig unzureichend, was langfristig zu Blasen- und Nierenproblemen führen kann. Am schwersten wiegt für die Betroffenen jedoch der soziale Rückzug, der mit der Krankheit einhergeht. Durchschnittlich entleert der Mensch seine Blase täglich vier bis acht Mal. Paruretiker vermeiden jeden längeren Weg und Reise. Langfristig leidet damit das soziale und berufliche Leben.

Die Paruresis entsteht nach Expertenmeinungen in der Regel im Laufe der Pubertät und beinhaltet meist ein traumatisches oder Scham auslösendes Uriniererlebnis. Bleibt sie unbehandelt, entwickelt sie sich zu einer chronischen Erkrankung. Da sich Paruretiker ihrer Angst nicht stellen, verfestigt sie sich und löst in den Situationen Stress aus. Dazu beginnen Betroffene öffentliche Toiletten immer mehr zu meiden.

Welche Therapien können helfen?

Paruresis ist behandelbar. Weniger mit Medikamenten, sondern mit kognitiv-verhaltenstherapeutischen Maßnahmen. Die besten Ergebnisse erzielt die kognitive Verhaltenstherapie mit Reizexposition. Hier erarbeitet der Patient mit seinem Therapeuten zunächst eine individuelle Angsthierarchie. Die Reizexposition beginnt mit weniger angstauslösenden Situationen und steigert sich immer mehr. Nach und nach stellt sich der Betroffene nach den ersten Erfolgserlebnissen auch schwierigeren Situationen. Der Abbau von Gedanken, wie "Alle beobachten mich und fragen sich, warum ich so lange brauche", bildet einen weiteren Schwerpunkt der Behandlung. Hilfreich sind Entspannungsübungen wie autogenes Training oder Tiefenentspannung. Als Ratschlag sollten Betroffene in schwierigen Situationen versuchen den "Kopf frei zu bekommen". Machen Sie eine Rechenaufgabe, wie 13 x 18 und lenken sich damit von der ursprünglichen Anspannung ab.

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